Während der Kamerun-Reise im Oktober 2006 traf Fred-Eric Essam (Vorsitzender des Vorstands), in Begleitung weiterer Vereinsmitglieder von ident.africa e.V. S.E. Herr HELE Pierre den Umwelt-Minister Kameruns.
Bei diesem Besuch überbrachte das Team von ident.africa eine Spende in Form von Schulmaterialen für 350 bedürftige Kinder des Kantons von Boboyo sowie didaktisches Material für die Lehrer. Außerdem übernahm der Verein das Gehalt von sieben freiberuflichen Lehrern der neun Grundschulen. Die Veranstaltung fand im Hof des Dorfvorstehers von Boboyo statt.
Nachfolgend das Interview mit Herrn Minister HELE Pierre:
Fred-Eric Essam: Seine Exzellenz, ident.africa engagiert sich für die Verbesserung der Bildung in Kamerun, speziell in der Region von Boboyo-Kaélé. Wie bewerten Sie diese Initiative und wie gut kennen Sie die Region hier?
S.E. HELE Pierre: Ich bedanke mich recht herzlich für diese Möglichkeit, die Sie mir geben. Um auf Ihre Frage zu beantworten, möchte ich mich zuerst bei Ihnen bedanken, dass Sie die Initiative übernommen haben, uns im Bereich der Bildung zu helfen. Ich kenne die Region gut, weil ich selbst aus Boboyo stamme, ich kenne damit auch die Probleme. Ich denke, dass Ihre Initiative zum jetzigen Zeitpunkt sehr willkommen sein wird. Die Region braucht Bildung, benötigt eine Art Befreiung, weil wir praktisch „die Letzten“ sind, wenn man von der Region spricht.
Früher sagte man, dass die Region um Kaélé, das „Quartier Latin“ des Nordens sei. Früher waren wir eine sehr gebildete Region, wir waren unter den Ersten im „Grand Nord“. Wir waren fast die fortschrittlichsten. Aber ich denke, der Trend ist gerade dabei sich umzukehren. Dies bedeutet, dass wir um Kaélé herum bei Boboyo immer mehr Probleme haben. Der schulische Rahmen ist nicht mehr gegeben und passt nicht zur Begeisterung, die die Kinder für die Schule haben. Die Kaufkraft der Familien und Eltern erlaubt kaum mehr Hilfe, damit die Kinder eine gute Bildung bekommen und auch im Bezug auf die Lehrer haben wir Probleme. Wenn man die Lehrer von Yaoundé zu uns schickt, sind sie meistens nicht aus dieser Region. Die Zeit sich anzupassen ist zu lang, dass heißt wir sind eine lange Zeit im Jahr ohne Lehrer und damit ohne Unterricht. Das bedeutet für die Region eine Benachteiligung und dies sieht man anhand der sinkenden Zahlen der erfolgreichen Abschlüsse. Die Schüler schließen nicht mehr erfolgreich ab. Das heißt, wenn Sie uns also jetzt helfen, kommen sie genau zum richtigen Moment. Weil wir diese Unterstützung von Ihnen brauchen, um der Region von Kaélé und Boboyo zu helfen, wieder hoch zu kommen, damit wir uns im selben Bildungsrhythmus bewegen wie die anderen.
Fred-Eric Essam: S.E. gibt es zusätzlich zur Bildung Themen, in den Sie uns empfehlen aktiv zu werden?
S.E. HELE Pierre: Sagen wir mal, die Bildung ist erstmal das wichtigste, wenn man gut gebildet ist kann man viele Sachen machen, kann man einige Probleme lösen.
Aber ich denke, dass Bildung Geld benötigt. Mit dem Geld – wie die Chinesen sagen – muss man den Menschen nicht jeden Tag einen Fisch geben, sondern ihnen zeigen, wie man angelt.
Es sind Investitionen nötig und es gibt einige Microprojekte in der Region, die für Deutschland oder z.B. Köln oder Bonn interessant sein können. Wir werden sie herzlich willkommen heißen, denn wir benötigen auch so kleine Projekte, die die Möglichkeiten der Dorfbevölkerung steigern, damit auch Armut zu bekämpfen.
Fred-Eric Essam: Man sagt, dass „Mundangs“ sehr solidarisch und intelligent seien. Warum trifft man sie nicht in den verschiedenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aktivitäten in Kamerun?
S.E. HELE Pierre: Ich denke, dass die Frage gut gestellt ist, ich würde ehrlicherweise behaupten, dass wir intelligent sind und ein Arbeitervolk sind. Dies bestätigen sogar andere von uns. Aber uns hat immer eine Reihe von Möglichkeiten gefehlt. z.B. Kapital und Unterstützung sind inexistent. Wir haben nicht genug Kapital. Und der Rahmen fehlt auch. Im Grunde benötigt die Region jemanden, der die benötigte Voraussetzung schafft. Der die Menschen und Geschäftsleute mit Informationen versorgt. Geschäftsleuten muss gezeigt werden, wann man zu einer Bank gehen kann, um Geld zu bekommen und für welche Projekte man Geld bekommen kann. Gleichzeitig müssen sie auch Informationen erhalten über Produkte und Märkte, wirtschaftliche Zusammenhänge. Geschäfte entwickeln sich nicht zufällig und von alleine, es werden Strukturen benötigt, die es in Kaélé nicht gibt. Natürlich wird den Leuten vermittelt, wie es geht, aber eben nur die Basis. Intelligent zu sein, aber nicht genug, um Geschäfte abwickeln zu können, ist das eine. Aber es fehlen auch Strukturen wie Banken und weitere Möglichkeiten um Menschen dafür zu interessieren und für diese Geschäfte zu öffnen, um Geschäfte rentabel zu machen.
Fred-Eric Essam: Welche Zukunft hätten Sie gerne für die Region von Kaélé und welche sind Ihre Wünsche für das Jahr 2007?
S.E. HELE Pierre: Ich erträume mir für diese Region (Mundang), vielleicht ist es kein Traum, aber ich will Ihnen sagen, dass Mundang ein großes Volk ist. Also der Traum, den ich für dieses Volk habe ist, dass dieses Volk wieder zu einer Einheit wird und zu seiner ursprünglichen Dimension zurückkehrt. Wir sind in Kamerun, in Tschad, im Sudan, in der Geschichte sagte man, dass wir „Falasha“ seien, weil es in den Bräuchen Ähnlichkeiten mit den jüdischen Gewohnheiten gibt. Viele Fragezeichen ergeben sich aus der derzeit laufende Untersuchungen über die Geschichte des Volkes. Aber sicher ist, dass die Ergebnisse zeigen werden, dass Mundang ein großes Volk ist.